Eine spannende Geschichte, die sich hinter den beliebten gebrannten Mandeln verbirgt, auf keinem Weihnachtsmarkt dürfen sie fehlen! Aller Wahrscheinlichkeit nach stammt das Rezept aus dem Orient.
Von Arabern wurde es vermutlich vor Jahrhunderten nach Spanien gebracht. Es herrschte Krieg zu der Zeit, die Mauren obsiegten. Zwar hat es die Mandel vermutlich schon vorher in Spanien gegeben, doch erst von den Arabern wurde sie in großem Stil kultiviert. Und mit Zucker verfeinert.
Der Mandelbaum wird schon seit etwa 4.000 Jahren kultiviert, gemeinhin gilt Asien als sein Ursprung. Nebenbei: Mandeln sind botanisch gesehen keine Nüsse, sondern Steinobst, ebenso wie Aprikosen oder Pfirsiche. Doch Mandelkerne eignen sich sehr viel besser zum Rösten, was vermutlich schon seit Jahrhunderten geschah – und ihr spezifisches Aroma entfaltet.
Bereits im 17. Jahrhundert, frühes Beispiel globalisierten Handels, wurde der Mandelbaum von spanischen Missionaren vom Bagdader Kalifat über See nach Kalifornien gebracht. Durch gezielte Kreuzungen entstanden dort immer ertragreichere Sorten. Tatsache ist: Mehr als drei Viertel der Weltmandelernte wird jetzt dort eingebracht. Mandelkerne, die man bei uns heute im Supermarkt kaufen kann, stammen meist aus Kalifornien.
Mandelbrenner bevorzugen wegen des ausgeprägten Aromas lieber alte Sorten: Lange Zeit galt die Bari-Mandel aus Süditalien als Favorit, inzwischen werden ihrer schlanken Form wegen meist die Larguetas aus Spanien bevorzugt. Wie hier im katalanischen Maials: Arbeiterinnen bei der letzten Qualitätskontrolle per Hand.
Zur wahren Köstlichkeit wurden Mandeln tatsächlich erst, als Honig oder Zucker ins Spiel kam, wobei beides bis weit über das Ende des 17. Jahrhunderts hinaus ein nur für die Wohlhabendsten erschwinglicher Luxus war. Es sollte noch gut 100 Jahre dauern, bis industriell hergestellter Rübenzucker für fast jedermann bezahlbar und ein Volksnahrungsmittel wurde.
So begannen gegen Ende des 19. Jahrhunderts Süßwarenfabriken industriell Hochzeitsmandeln herzustellen. Eigentlich eine traditionelle Delikatesse aus Afghanistan: mit dünner Zuckerschicht überzogene, sprich dragierte Mandeln, ...
... im Herkunftsland Noghul Badami Kambar genannt. Dem Hochzeitspaar sollten sie Glück und Gesundheit, Wohlstand, Fruchtbarkeit und ein langes Leben versprechen, manchmal süß, mitunter auch bitter... man denke an die Bittermandel. Die Vorfahrin unserer Süßmandel enthält nicht wenig Blausäure, was ihr den extrem bitteren Geschmack verleiht, und ist im Rohzustand deshalb mit Vorsicht zu genießen.
Zurück zu den industriell hergestellten dragierten Mandeln: Neben der Zuckerumhüllung / Zuckerummantelung findet man heute im Süßwarenhandel auch die unterschiedlichsten Schokoladenüberzüge ...
... von dunkel bis hell und on top mit Kakao oder Puderzucker.
Noch Anfang der 1970er Jahre, als ich anfing, Schausteller und Markthändler zu beliefern, gab es nur wenige, die sich aufs Herstellen gebrannter Mandeln verstanden. Es brauchte einen Kupferkessel, einen Gasbrenner und kräftige Arme! So ließen sich auch geröstete Hasel- und Erdnüsse fabrizieren.
Ohne Franz Xaver Hutterer aus dem bayrischen Unterhaching wäre es vielleicht noch lange bei der aufwändigen handwerklichen Prozedur geblieben. Ins Spiel kommt er im Jahr 1959, als einem Münchner Schausteller namens Aheimer das mühselige Rühren der Zucker-Mandelmasse langsam zu viel wurde.
Gemeinsam mit Sohn Franz – ein begnadeter Tüftler – entwickelt Hutterer die erste Mandelbox mit integriertem Rührwerk, lässt sich die Erfindung flugs patentieren und sichert dem Familienbetrieb damit 25 Jahre Exklusivität.
Ein Durchbruch für die Mandelbrennerei! Von jetzt an ist die Herstellung feuergebrannter Mandeln wesentlich einfacher, die Vermarktung explodiert auch in ländlichen Regionen, die verkauften Mengen wachsen rasant, die Menschen landauf, landab lieben die knackig-karamellige Spezialität. Wie hier 2018 in Düsseldorf: ein gut erhaltener typischer Mandelwagen aus den 1970er Jahren auf den Rheinwiesen.
Während sich nicht nur europaweit, sondern auch in den USA und Asien immer mehr Menschen für gebrannte Mandeln begeistern – hier im Bild: der Stand eines Kunden im japanischen Nagoya – entwickeln sich neue Ideen.
Zu Mandeln sowie Hasel- und Erdnüssen gesellen sich seit den 1990er Jahren andere exotische Sorten wie Macadamias, Cashews oder Paranüsse. Zudem entdecken versierte Mandelbrenner die verkaufsfördernde Vielfalt der Aromen und bieten ihre gebrannten Nüsse in Geschmacksvarianten wie Amaretto, Karamell, Eierlikör, Zimt, Vanille, Irish Cream oder gar Chili an. Und das funktioniert nicht nur zur Winterzeit!
In Deutschland hat sich die Technik aus Unterhaching so gut wie flächendeckend durchgesetzt. Doch im Ausland sind mir auf Reisen bis heute immer wieder Mandelbrenner begegnet, die noch per Hand arbeiten, wie hier 2019 in der Altstadt im spanischen Granada.
Dass es auch anders geht als nach dem patentierten Modell von Hutterer, konnte ich ebenfalls 2019 in der Toscana im Bild festhalten. Auf einem Wochenmarkt in San Gimignano fiel mir ein gasbeheizter Mandelröster auf Basis der Dragiertechnik ins Auge. Das bereits 1963 von Unternehmer Angelo Palanca im venezianischen Badia Polesine entwickelte System ist in den romanischen Ländern häufig anzutreffen.
Gebrannte Mandeln werden seit jeher in der klassischen Papier-Spitztüte angeboten, in Zeiten der Kolonialwaren- und Tante-Emma-Läden bis in die 1970er Jahre die allseits übliche Art der Verpackung für fast alle, vorwiegend als lose Ware verkauften Grundnahrungsmittel. Mit Supermärkten und Selbstbedienung kam der Plastik-Boom und Papierverpackungen verschwanden fast gänzlich von der Bildfläche, mit Ausnahme von Märkten aller Art. Seit Plastik im Einzelhandel zunehmend verpönt ist, erleben Tüten aus Papier eine regelrechte Renaissance.
Gebrannte Mandeln, so vielfältig wie nie, ob süß oder pikant, finden sich inzwischen auch im Handel. Und wenn sie auch das ganze Jahr über zu haben sind: Frisch aus dem Röstkessel sind sie vor Weihnachten einfach das Höchste der Gefühle!